Grüße von Pehely, jetzt Nanuk
Liebe Pfotenhilfe Ungarn,
seit Mai 2013 wohnt Peheli nun bei uns in Deutschland.
Wir haben sie auf den Namen Nanuk (Inuit für Eisbär) umgetauft – schon alleine, weil von uns niemand wusste, wie man Peheli eigentlich ausspricht.
Mittlerweile haben wir es bei einem Flug nach Ungarn erfahren und kennen auch die Übersetzung: Schneeflöckchen.
Wir hegen den Verdacht, dass sie diesen treffenden Namen deshalb bekam, weil sie permanent weißes Fell verliert, das wie kleine Schneeflöckchen von ihr herabrieselt... Macht aber nichts, sie hat ja genug!
Der Anfang mit Nanuk war gar nicht so leicht. Sie fürchtete sich vor fast allem: Davor, durch Türrahmen zu gehen, vor dem Gang über Fliesen (sie hechtete nur erschrocken von Teppich zu Teppich), vor Geräuschen aus dem Fernseher, vor dem Einsteigen ins Auto, davor, an Treppen vorbeizugehen – geschweige denn, Treppen zu steigen!
Spazierengehen schien sie nicht zu kennen, außerderm trank sie nur flach am Boden liegend und zu einer ängstlichen Kugel zusammengerollt aus dem Wassernapf.
In enger Absprache mit einem Hundetrainer sind wir diesen Ängsten dann konsequent, liebevoll und zügig zu Leibe gerückt.
Gegen die Angst vor Fliesen haben einen grünen Fließteppich aus dem Baumarkt besorgt und auf den Boden geklebt. Da die gesamte untere Etage gefliest ist, entstand bald der Eindruck, man würde bei uns praktisch auf dem Golfplatz leben.
Wir versuchten Nanuk – die immer schon sehr verfressen war – mit Käse zu locken. Das klappte genau bis zum Türrahmen. Dann war Schluss: Nanuk wollte auf gar keinen Fall durch die Tür gehen.
Die Lösung kam vom Hundetrainer. Wir legten Nanuk eine kurze Leine an. Das andere Ende band sich „die Rudelchefin“ um die Hüfte. Nun hieß es für Nanuk (in Intervallen) mitkommen – egal, wohin, aber immer an der Seite der Chefin. Wichtig hierbei war die Konsequenz und die klare Botschaft an den Hund: Aber natürlich kommst du mit, es ist schließlich nichts dabei.
Das gab ihr Sicherheit und eine entspannte Selbstverständlichkeit entstand. So lernte Nanuk binnen kürzester Zeit zwei Dinge.
Erstens: Man kann durch Türrahmen gehen und auch an Treppen vorbei.
Zweitens: Immer bei der Rudelchefin zu sein, gibt mir Sicherheit; dort passiert mir nichts.
Das neu erworbene Wissen nutzte sie denn prompt, um fortan Salamiwürste und Schinken aus der Küche zu klauen, wenn gerade keiner hinsah. Notfalls sprang sie dazu sogar aus dem Stand auf den Tisch. Mit der Beute schlenderte sie dann ganz natürlich an uns über die Teppiche hinweg vorbei, um das Futter in aller Ruhe – und unter dem empörten Bellen unseres anderen Hundes, Bobby – im Wohnzimmer zu verspeisen.
Ganz haben wir ihr das noch nicht abgewöhnen können. Immerhin haben wir bei diesen Gelegenheiten festgestellt, dass es ein Wort gibt, das sie ausgezeichnet versteht: Nem – ungarisch für Nein.
Das Treppenlaufen erlernte sie ebenfalls an der Seite der Rudelchefin. Um ihr Sicherheit zu geben, lief sie direkt an der Wand entlang. Offenbar gab ihr das buchstäblich Halt. Um ihr noch mehr zu helfen, klebten wir die Enden der Treppenstufen mit Klebeband ab, damit sie besser zu erkennen waren. Nach und nach wurde das Klebeband entfernt. Zur Belohnung gab es dann im Keller Leckerlis.
Auch die übrigen Ängste haben wir mittlerweile gut in den Griff bekommen. Den grünen Teppich konnten wir inzwischen abschaffen. Nanuk traut sich jetzt sogar bei Spaziergängen schon ein wenig ins Wasser. Ein völlig neues Element für sie!
Mit unserem anderen Hund Bobby, der ebenfalls aus einem Tierheim stammt, kommt sie gut zurecht. Es hieß zwar, sie solle als Einzelhund vermittelt werden. Doch als wir sie zur Probe bei uns aufnahmen, stellte sich bald heraus, wie gut es für sie ist, sich an einem anderen Hund orientieren zu können.
den ersten freien Spaziergängen banden wir den großen, behäbigen Golden Retriever mit Kuvazseinkeuzung an unseren kleinen Terriermischling.
Bobby führte Nanuk dann in die weite Welt hinaus und zeigte ihr, dass es keinen Grund gibt, Angst zu haben. Ganz nebenbei lernte sie dabei auch, weshalb sie überhaupt rausgehen sollte: Es macht Spaß und erleichtert die Blase.
Die größte Freude ist es jetzt für sie, wenn sie über Wiesen tollen darf. Dann rennt sie vor Freude kreuz und quer über das Feld, mit wehenden Ohren.
Auch beim Erlernen von Kommandos war und ist ihr Bobby eine Hilfe. Sie kann bei ihm abgucken, was sie machen soll. So hat sie relativ schnell das allererste Kommando ihres Lebens gelernt: Sitz.
Auch das war neu für sie, dieses Konzept, dass Hund auf ein bestimmtes Wort des Menschen hin etwas Bestimmtes tun soll.
Anfangs hatte Nanuk einen sehr geistesabwesenden, in sich gekehrten Blick.
Jetzt freut sie sich ihres Lebens und strahlt. Die Ohren gehen hoch, die Augen werden groß und sobald jemand aus dem Rudel sich nähert, wedelt der Schwanz. Dank einer konsequenten Diät kann sie sich sogar vor Freude auf dem Rücken wälzen. Daran hatten sie in den ersten Wochen die eigenen Fettpolster gehindert. (Auf dem Foto ist das nicht so gut zu erkennen, aber Nanuk hat wirklich schon einige Kilos abgenommen. Da ihre Gesäugeleiste aber stark herabhängt, kann man den Gewichtsverlust auf Fotos eben nicht so gut sehen... Schade eigentlich.)
Natürlich kommt ihr dabei auch der Muskelaufbau zu Gute, der sich durch viele Spaziergänge und gemeinsames Toben mit Menschen und Bobby ergeben hat. Besuche bei der Hundeschule tun ihr Übriges.
Außerdem weiß sie nun, dass andere Hunde keine Bedrohung sind. Auf dem Platz in der Hundeschule und auch auf Spazierengängen verhält sie sich jetzt aufgeschlossen und freundlich jedem fremden und bekannten Hund gegeüber.
Nachdem Nanuk uns anfangs kaum erlaubte, sie zu berühren, dürfen wir sie schon seit einigen Monaten bürsten. Sie ist eine echte Schmusebacke und rollt sich häufig auf den Rücken, damit wir sie am Bauch kraulen. Dann schließt sie entspannt die Augen und seufzt genüßlich vor sich hin.
Nanuk hat viel gelernt, seitdem sie hier ist. Die wichtigste Lektion ist wohl die, zu wissen, wer sie ist: ein Hund. Und dass das Leben schön ist!
Nanuk ist ein richtiger Schatz, und wir möchten sie nicht missen. Schon früher einmal haben wir einen Straßenhund aus Griechenland bei uns aufgenommen und auch Hunde aus deutschen Tierheimen haben schon oft den Weg zu uns gefunden.
Einen Hund aufzunehmen bedeutet immer eine lebenslange Verpflichtung, und das muss wohlüberlegt sein.
Das Gerücht, dass Tierheimhunde und vor allem Hunde aus ausländischen Tierheimen Problemhunde seien, können wir jedoch nicht bestätigen – im Gegenteil! Diese Hunde sind immer sehr dankbar, und wenn man ihr Vertrauen erst einmal gewonnen hat, geht einem das Herz auf, wenn man sieht, wie sie ihre Lebensfreude zurückgewinnen und sich entwickeln.
Sie sind freundlich und gutgelaunt und unendlich dankbar. Diese Entwicklung zu erleben ist beeindruckend und einmalig.
Problemhunde sind unserer Ansicht nach Problemhunde, weil die Hunde und ihre Probleme nicht richtig gehändelt werden und professionelle Hilfe häufig nicht angenommen wird.
Liebe Pfotenhilfe Ungarn, macht weiter so!